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Berufs-(Einblicke)

Im Personalsegment werden auch zukünftig zwei Faktoren grundlegende Bedeutung haben: Lebensphasenorientierung und nachhaltige Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit. Fragen der Standortbestimmung, Zielfindung und Verzahnung von Lernprozessen und Tätigkeiten (Beruf/Privat) bleiben bestimmend. Begleitung und Unterstützung des Arbeitnehmers in Form von Mentoring, Coaching und Trainingsangeboten helfen gerade in Zeiten besonderer Herausforderung, berufliche Veränderungsprozesse einzuleiten und selbstbestimmt Entscheidungen zu treffen.

Die nachfolgenden Einblicke in verschiedene Berufe und Tätigkeiten zeigen Spannungsfelder zw. Leistungsgenuss und -orientierung, Individualisierung und gesellschaftlicher Orientierung auf, aber auch die zuweilen mühsame und nicht immer geradlinige Suche nach einer interessengerechten, herausfordernd-erfüllenden Tätigkeit. Unsere Berufs-(Einblicke) verstehen sich als Anregung und Ideengeber, die ganz persönliche Standortbestimmung und Zielfindung zu hinterfragen sowie neue Möglichkeiten der Verzahnung von Leben, Arbeit und Lernen zu erproben.


Referentin in einer Botschaft in Berlin

Studium: Jura-Studium, zudem Abschlüsse in Kunstgeschichte, Germ. Literaturwissenschaft und Arabisch (Universitäten Jena, Freiburg und Damaskus)

Seit acht Jahren arbeite ich als Angestellte in einer Botschaft in Berlin. Mein Aufgabenbereich umfasst Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere die Formulierung von Pressemitteilungen und Reden, Grußworten und Textbeiträgen für den Botschafter sowie die Diplomaten der Botschaft. Zudem obliegt meinem Verantwortungsbereich die Pflege der Internetpräsenz; Ich unterstütze andere Abteilungen, wie das Konsulat bei personellen Engpässen. Je nach politischer Lage arbeite ich an Arbeits- und Diskussionspapieren, bereite Arbeitsgespräche vor und kümmere mich auch um die Planung/Organisation von Delegationsbesuchen sowie pflege Kontakt zu Entscheidungsträgern aus der Politik, zu verschiedenen Verbänden und Vereinen. Die offiziellen Sprachen sind Deutsch, Englisch und Arabisch. Auswärtige Termine gibt es öfters, dazu zählen auch Abend- und Wochenendveranstaltungen. Da ich ein kleines Kind habe, wähle ich jedoch aus und gehe nicht mehr zu jedem Vortrag, zur Diskussionsrunde oder zum Empfang.

Die Arbeitszeiten der meisten Botschaften sind mit weniger als acht Stunden am Tag moderat. Zudem herrscht eine familienfreundliche Atmosphäre im Haus mit viel Verständnis für zuweilen kranke Kinder und damit verbundene familiäre Verpflichtungen. Was die Bezahlung angeht, erhalte ich monatlich etwas mehr als vergleichbare Tätigkeiten im Öffentlichen Dienst. Grundsätzlich wechseln Botschafter im vierjährigen Turnus und man muss sich im Klaren sein, dass jede vier Jahre eine andere Person die Leitung der Mission inne hat. Die Belegschaft mit den Diplomaten wechselt dagegen eher selten, dementsprechend gibt es wenige Stellen(neu)besetzungen. Sprachkenntnisse für diesen Job sind ein unabdingbares Muss, insb. Englisch, am besten noch die Amtssprache des Landes + Auslandserfahrungen. Diplomatisches Geschick, Empathie und interkulturelles Verständnis sind in den Missionen keine leeren soft-skills-Floskeln. Vor manchen Botschaften wird auch mal gestreikt, Besucher beschweren sich über die zu langsame Bearbeitung ihrer Passangelegenheiten und auch die bilateralen Verbindungen zu Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Kultur sind nicht immer unbelastet.

Während viele ehemaligen Studienkollegen sich heute als Juristen in praxi mit Nachbarschaftsstreitigkeiten herumplagen oder (für mich) langweilige Mahnverfahren einleiten, hatte ich mir schon während meiner Studienzeit gewünscht, dass eine internationale, offene Arbeitsatmosphäre herrscht und ich an einer Schnittstelle zwischen Politik, Diplomatie und Kultur interdisziplinär tätig werden kann. Dazu beigetragen haben viele Auslands- und Arbeitsaufenthalte im Nahen und Mittleren Osten sowie unser persönlicher Freundeskreis, der sich über den gesamten Globus erstreckt. Obwohl meine Studienabschlüsse eher atypisch für meine jetzige Tätigkeit sind, mein Lebenslauf mehr rechts und links geht, besonders aber ins Ausland weist und viele meiner ehemaligen Kommilitonen ungläubig den Kopf schüttelten, wenn ich etwa von meinem Studium und Erfahrungen in Damaskus während des Irak-Krieges erzählte oder Besuchen in entlegenen Grenzregionen, war ich immer zufrieden. Anfangs noch als Volontärin, habe ich später fast immer (zumeist zwar fachfremde, doch reich an Erfahrungen bringende) Jobs im Ausland übernommen, um die Aufenthalte zu finanzieren, in Land und Kultur eintauchen zu können.

Wie ich zu meinem jetzigen Job gekommen bin? Ich habe einfach mit dem damaligen Botschafter Kontakt aufgenommen, weil ich in seinem Heimatland einen neuen Job suchte und mir Hilfe bzw. Vermittlung erhoffte. Das Gespräch, zu dem er mich dann in die Botschaft einlud, war nett und von großer Sympathie getragen - kein Bewerbungsgespräch im herkömmlichen Sinne. Wir haben fast zwei Stunden erzählt, gelacht und uns über alles Mögliche im In- und Ausland unterhalten. Am Ende hat er mich gefragt, ob ich mir nicht vorstellen könnte, für ihn hier in Deutschland zu arbeiten. Heute lebt er wieder in seinem Heimatland. Den Kontakt haben wir über all die Jahre gehalten. Aus einem Arbeitsverhältnis ist eine enge Familienfreundschaft geworden.(SR)

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